Der Herr Pepper

Ich bin von klein auf daran gewöhnt, eigene Pferdeprojekte zu haben. Früher waren es eigene Pferde meiner Eltern, später Reitbeteiligungen auf sehr selbstständiger Basis.

Bereits mit 4 Jahren saß ich in einem Englisch-Sattel eines wunderbaren Shetlandponies (Susi). Nach vielen Jahren in diesen Gefilden suchte ich neue Wege und schnupperte mal für ein, zwei Jahre in die Western-Reitweise rein. Leider musste ich feststellen, dass beide Reitweisen meinen veränderten Ansichten über die Zusammenarbeit zwischen Pferd und Reiter nicht so recht übereinkomen wollten. Also begab ich mich wieder auf die Suche nach Alternativen und landete aufgrund verschiedenster Umstände beim sogenannten Rai-Reiten. Da das Rai-Reiten bzw. generell alternative Reitweisen nicht sonderlich verbreitet sind, wurde mir klar, dass eine Reitbeteiligung wohl kein Weg sein würde.

Zeitgleich bekam ich Magic Pepper (Appaloosa) alias das Mascara-Pony in der Pferdewelt Venwegen vorgestellt. Da ich – wie man bereits lesen konnte – eher aus der klassischen Ecke komme, gabs für mich nur weiß, braun und schwarz (natürlich mit den einzelnen Facetten) als mögliche Farben. Da stand er nun… dieses undefinierbare Farbgemisch mit Punkten an Maul und Augen, dunklen Overknee-Stiefeln und Farbflecken an verschiedensten Stellen. Mein erster Gedanke: “Wer hat den denn so komisch angemalt” ergänzt durch einen der ersten Kommentare aus dem Familienkreis “Ist der dreckig?” – “Ne, der sieht so aus”.  Da man aber im Leben meist nicht bekommt, was man will, sondern was man braucht, begann ich, mich über seine Vergangenheit und vor allem seinen Charakter zu erkundigen.

Nach langen Monaten der Zweifel, viel Unterricht auf charakterstarken Schulpferden und sicher meinen ersten grauen Haaren, wechselte Pepper an Nikolaus 2014 in mein Eigentum. 10155905_780445245343387_4380694171420782624_n

Es folgten äußerst spannende Wintermonate mit dem üblichen Auf-und-Ab… den emotionalen Hochgefühlen, wo man vor Stolz fast platzen möchte, die Schüssel mit den besten Leckereien gefüllt wird und dann wiederum diese Momente in denen einem der Sauerbratengedanke sehr nah ist und man vielleicht ja doch nicht zusammen passt. Hinzu kommt, dass zwischen Schüsselchen und Sauerbraten manchmal nur Minuten oder Momente liegen können.

Grade in den Wintermonaten begannen dann meine ersten Erfolge mit der Stresspunktmassage nach Jack Meagher. Pepper hielt nicht viel von gründlichem Aufwärmen, sondern bockte gleich los, mit allem was sein recht untrainierter Pferdekörper so hergab. Folge waren wunderbare Verspannungen im Rückenbereich, die ich dann jedes Mal massieren konnte.

Seit Anfang Juni ist Pepper nun bei mir im Ruhrgebiet beheimatet. Wir haben angefangen ihn in der akademischen Reitkunst nach Bent Branderup auszubilden um etwas mehr Gymnastizierung und Feinarbeit zu erreichen.

Er ist mein Spiegel, Lehrmeister, Friedenstifter, graue-Haare-Bereiter, Testobjekt für so manche Ideen, Privat-Clown, Entwicklungshelfer und wirklich das, was ich gebraucht habe. Ich bin sehr gespannt, was noch alles auf uns wartet.

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Leider begann im Januar 2016 unsere Odyssee mit der Krankheit “Periodische Augenentzündung”. Wir hatten 3 OPs (Medikamentenchips einsetzen), die am Ende leider die Sehkraft nicht erhalten konnten. Seit Weihnachten 2016 ist Pepper final erblindet und es musste sein linkes Auge im Januar 2017 entfernt werden. Wir haben schon immer viel vom Boden gearbeitet und waren viel mit ihm im Gelände. Das hat uns grade bei der Erblindung sehr geholfen. Er ist sehr mutig, neugierig und kaum zu erschüttern.

Er ist trotz Erblindung ein fröhlich-freches Pferd, genießt die Spaziergänge und mittlerweile auch wieder Ausritte.

 

Ein herzliches Dankeschön an alle unsere Unterstützer und Wegbereiter. Ohne euch wären wir nicht dort, wo wir heute sind und vielleicht noch hinkommen werden.